Ist ein Lektorat für wissenschaftliche Arbeiten überhaupt legal?

Immer häufiger kommt die Anfrage: „Was kostet ein Lektorat für meine Bachelorarbeit, Masterthesis …?“ Dabei ist ein Lektorat eigentlich eine inhaltliche Begutachtung und Modifizierung eines Textes: der Inhalt, etwa von Buchmanuskripten, wird geändert, oft sogar drastisch umgeschrieben und überarbeitet. Doch am Ende einer jeden Arbeit wird heute fast ausnahmslos von den Studenten unterschrieben, dass die Arbeit eigenständig verfasst wurde. Also lauter offene Anfragen zum Prüfungs- und Wissenschaftsbetrug?

Nicht ganz. Es ist allein der Begriff, der falsch verwendet wird. In den letzten Jahren hat sich der Begriff „Lektorat“ oder „Wissenschaftslektorat“ auch für akademische Korrekturen eingebürgert, obwohl damit im Kern eigentlich die Korrektur-Dienstleistung gemeint ist. Wenn man wollte, könnte man von einer Art „Lektorat light“ sprechen, denn die Korrektur geht hier meist über reine Grammatik- und Rechtschreibkontrolle hinaus und korrigiert auch viele andere (sprachliche, formale) Aspekte einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Grenzen zum Lektorat sind daher tatsächlich unscharf.

Heute wird „Lektorat“ daher von vielen Anbietern auch für wissenschaftliche Korrekturen verwendet, weil es „nach mehr“ und edler klingt – und weil Korrekturen auch von Lektoren angeboten werden. Wissenschaftslektorat ist zum Synonym für umfassende wissenschaftliche Korrekturen geworden. Wer nach „Lektorat“ fragt, sucht also eigentlich eine – legale – Korrektur, eine umfassende formale Optimierung, und nicht etwa einen Ghostwriter, der die Arbeit für ihn schreibt oder inhaltlich optimiert.

Auch wir können uns dem Zeitgeist nicht völlig verschließen und bezeichnen daher den Korrekturservice für Akademiker, der neben Rechtschreibkontrolle auch Typographie, Formatierungsprüfung, Stil usw. umfasst, inzwischen auch als Lektorat bzw. „kleines Lektorat“ – obwohl der Begriff im Grunde natürlich weiterhin falsch ist. Wenn Sie zu uns kommen und ein „Lektorat“ für Ihre Thesis möchten, dann bekommen Sie dasselbe, als würden Sie „nur“ eine Korrektur wünschen – und umgekehrt, denn beides bildet bei uns standardmäßig eine Einheit. Nur schreiben müssen Sie Ihre Arbeit schon selbst.

Zurück zur Eingangsfrage: Sind Korrekturen & Co. rechtlich und ethisch unproblematisch? Denn immerhin stellt eine Abschlussarbeit eine Prüfungsleistung dar. Unzweifelhaft ist, dass der Verfasser allein für den Inhalt verantwortlich zeichnen, diesen selbst verfasst haben muss. Und alles, was zur Anfertigung der Arbeit zu Hilfe genommen wurde, muss erwähnt werden – in der Regel also im Literaturverzeichnis. Wissenschaftliches Lektorat zählt aber nicht zum „Was“, sondern zum „Wie“ – und hat daher genauso wenig etwas in Quellenverzeichnissen zu suchen wie der Hinweis, dass eine automatische Rechtschreibkorrektur benutzt wurde, welche Textmarker zum Einsatz kamen, ob Freunde vorab schon einmal gegengelesen haben oder welche Anleitungen zum wissenschaftlichen Schreiben studiert wurden. Dies alles hätte allenfalls Platz im Vorwort, ist aber auch hier nicht üblich; gewürdigt werden an dieser Stelle in der Regel die Personen, die zum Gelingen der wissenschaftlichen, also wiederum inhaltlichen Leistung beigetragen oder diese ermöglicht haben (Familie, Professoren, Mentoren) – der Lektor ist nur ein Werkzeug, das man nicht erwähnt.

Die Betonung liegt also bei verfasst. Davon, dass der Verfasser die Arbeit auch selbst korrigiert haben muss, ist nicht die Rede. An der Wortwahl lässt sich also feilen, nur die Bedeutung der Worte darf sich nicht ändern. Daher sollten Sie idealerweise Redigierungen via Änderungsverfolgung anfertigen lassen, damit der Bearbeiter den Inhalt auch nicht aus Versehen ändert – die letzte Kontrolle sollte stets bei Ihnen liegen.

Viele Professoren und Betreuer empfehlen sogar ausdrücklich, die Arbeit vor Abgabe zur Korrektur zu geben, denn die Einhaltung von Schreibstandards und fehlerfreie, geschliffene Texte vermitteln nicht nur den Eindruck von Sorgfalt, sondern erleichtern natürlich auch den Gutachtern das Lesen. Wenn Sie trotzdem Bedenken haben, dann beschränken Sie ihren Lektor/Korrektor auf die reine Tippfehlerprüfung – oder fragen Sie im Zweifel am einfachsten Ihren Betreuer oder Doktorvater, wie er zum Thema Wissenschaftslektorat steht. In den meisten Fällen wird die Antwort lauten: „Eine Abschlussarbeit gibt man nicht unkorrigiert ab.“

¹ Letzte Änderung an diesem Text: 06.01.2020, 20:51.
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